„Kundenbindung“

„Kundenbindung“

Willst du deine Kunden ködern? Dann mach sie komplett verrückt!

Willst du deine Kunden ködern? Dann mach sie komplett verrückt!

In der Werbung verknüpfen Vermarkter ein bestimmtes Verhalten mit dem Versprechen einer Belohnung. „Nutze unser Produkt – und du wirst Sex haben!“ Das ist der ganze Clou bei Werbespots, egal ob für Seife oder ungesundes Essen. Aber im Internet reicht das nicht mehr aus. Nutzer werden mit Ablenkungen zugeschüttet, und Unternehmen müssen sie sofort fesseln, um überhaupt im Spiel zu bleiben. Heute geht es nicht mehr nur um Feedbackschleifen. Unternehmen setzen das „Hooked-Modell“ ein. Das Hooked-Modell ist der wahre Game-Changer. Es geht nicht nur darum, Verhalten zu verstärken, sondern es schafft Gewohnheiten und bringt Nutzer dazu, selbst aktiv zu werden – ganz ohne teure Werbung. Das Hooked-Modell ist das geheime Rezept hinter den süchtig machendsten Technologien der heutigen Zeit. Soziale Medien, Online-Spiele und selbst die guten alten E-Mails nutzen dieses Modell, um dich dazu zu bringen, ständig am Ball zu bleiben.

Um was es im Artikel geht!

• Statt auf die altbekannten Feedbackschleifen zu setzen, haben Unternehmen heute einen neuen, mächtigeren Trick am Start, um Nutzer an sich zu binden: das Hooked-Modell.
• Das Herzstück des Hooked-Modells? Ein variabler Belohnungsplan – ein genialer Schachzug, der dir die Aufmerksamkeit wegnimmt, dich glücklich macht und dein Gehirn hypnotisiert.
• In unserem Streben nach diesen variablen Belohnungen geht es um ein endloses Verlangen nach drei Arten von Belohnungen: der des Stammes, der Jagd und der eigenen.

 01 Die endlose Suche

Im Mittelpunkt des Hooked-Modells steht ein Trick, den B. F. Skinner schon in den 50ern beschrieben hat: ein variabler Belohnungsplan, auch „intermittierende Verstärkung“ genannt. Skinner stellte fest, dass Labormäuse am gierigsten auf zufällige Belohnungen reagierten. Sie drückten einen Hebel und bekamen mal eine kleine Belohnung, mal eine große und manchmal gar nichts. Im Gegensatz zu den Mäusen, die immer dieselbe Belohnung bekamen, konnten die Mäuse, die variable Belohnungen abbekamen, den Hebel kaum loslassen. Wenn du schon mal jemandem eine Frage gestellt hast, während er oder sie in ein Videospiel vertieft war, und nur ein müdes „Klar, ok, was soll’s“ zurückbekommen hast, weißt du, wovon ich rede.

Spieler sind bereit, fast alles zu tun, nur um die Ablenkung loszuwerden und weiterzuspielen. Unterschiedliche Belohnungen halten dein Gehirn beschäftigt, brechen deine Abwehrmechanismen auf und helfen dir, neue Gewohnheiten zu entwickeln. Seltsamerweise finden wir diesen tranceähnlichen Zustand ziemlich cool. Das liegt daran, dass unser Gehirn darauf programmiert ist, ständig nach der nächsten Belohnung zu suchen, ohne jemals zufrieden zu sein. Neuere Forschung zeigt, dass unser Dopaminsystem uns nicht für unsere Bemühungen belohnt, sondern uns weitersuchen lässt, indem es eine halbwegs stressige Reaktion auslöst, die wir als Verlangen kennen.

Auch wenn es manchmal nervt, ist diese mentale Verdrahtung das, was uns als Spezies am Leben hält. Wir sind die neugierigste Spezies auf diesem Planeten und verstehen unsere Umgebung besser als jedes andere Tier. Aber genau dieser unstillbare Drang, immer weiter zu suchen und nie zufrieden zu sein, ist der Grund, warum neue Technologien bei uns so gut ankommen und Gewohnheiten bilden. Variable Belohnungen gibt es in drei Formen: Belohnungen des Stammes, Belohnungen der Jagd und Belohnungen des Selbst. Auch wenn sich die Werkzeuge ändern, bleibt die Motivation dieselbe wie vor 200.000 Jahren.

 02 Belohnungen des Stammes

Wir sind eine Spezies, die auf andere angewiesen ist. Unsere Gehirne sind so verdrahtet, dass wir die Gefühle anderer nachempfinden können. Das ist kein Zufall – unser Überleben hängt davon ab, dass wir uns gegenseitig verstehen und unterstützen. Wir sind darauf programmiert, Teil eines Stammes zu sein, also sucht dein Gehirn ständig nach Belohnungen, die dir das Gefühl geben, akzeptiert, wichtig, attraktiv und eingebunden zu sein.

Deshalb ist es kein Wunder, dass soziale Medien in den letzten Jahren explodiert sind. Plattformen wie Facebook und X sind in der Lage, über eine Milliarde Menschen mit regelmäßigen sozialen Belohnungen zu versorgen. Jedes Mal, wenn du einen Tweet absetzt oder einen Post machst, fragst du dich, wie viel soziale Bestätigung du abstauben wirst. Du misst deinen Einfluss sogar mit Tools, nur um deinen sozialen Status in Zahlen zu packen.

 03 Belohnungen der Jagd

Egal wie gesellig du auch sein magst, dein Drang nach Essen ist noch wichtiger. Dein Gehirn ist darauf programmiert, nach physischen Dingen wie Nahrung und Vorräten zu suchen. Ohne diesen Drang hättest du die letzten Jahrtausende mit Sicherheit nicht überlebt. Früher hast du nach Beute gejagt, heute jagst du nach Angeboten und Informationen. Der gleiche Drang, der dich dazu bringt, nach Nahrung zu suchen, zwingt dich heute dazu, E-Mails von Amazon und Zalando zu öffnen. Neue Shopping-Startups machen die Suche nach Produkten zum Abenteuer, indem sie dir immer wieder neue Möglichkeiten bieten.

YouTube und TikTok halten dich mit einem endlosen Strom von Hinguckern am Ball – eine Schatzkammer voller begehrenswerter Dinge, die dein Dopamin ordentlich anheizen. Wenn du wissen willst, wie die Suche nach Informationen dich fesselt, schau dir die Vorschläge dieser Plattformen an. Dort findest du eine Liste endloser Beiträge. Mit auffälligen Bildern und knackigen Texten ist diese Liste genau der variable Belohnungsmechanismus, der dich dazu bringen soll, immer weiter nach deiner nächsten Entdeckung zu suchen.

 04 Belohnungen des Selbst

Schließlich gibt es die variablen Belohnungen, nach denen du suchst, um dich selbst zufriedenzustellen. Denk mal nach: Schon als Babys steckst du alles in den Mund, genau aus dem Grund, warum Las Vegas mit Neonlichtern überflutet wird. Wir sind einfach süchtig nach allem, was neu und aufregend ist. Aber es geht nicht nur um Sinnesreize. Du willst auch die Welt um dich herum kontrollieren. Ob Video-Spiele oder deine langweilige To-Do-Liste im Job – überall findest du Spielmechanismen, die ein variables Belohnungssystem bieten. Dieses System füttert dein Bedürfnis, Herausforderungen zu meistern und zu dominieren. Das Abhaken neuer Nachrichten in deinem Posteingang reizt dieselben Neuronen wie das Zocken eines süchtig machenden Video Game.

 05 Eine kraftvolle Mischung

Fast alle Technologien, die du heute nutzt, haben sich zu echten Meisterwerken in der Kunst der Gewohnheitsbildung entwickelt, weil sie die drei Arten von variablen Belohnungen kombinieren. Nehmen wir mal deine E-Mails als Beispiel – sie sind ein Paradebeispiel für Gewohnheitsbildung, weil sie alle drei Belohnungsarten in zufälligen Abständen ausspielen. Erstens gibt’s die soziale Verpflichtung, deine E-Mails zu beantworten (das ist der Stamm). Dann haben wir den Reiz der potenziellen Geschäftsmöglichkeit, die eine neue E-Mail bringen könnte (das ist die Jagd). Und schließlich kommt der ständige Druck, die Benachrichtigungen über ungelesene Nachrichten zu beseitigen, als wäre es eine persönliche Herausforderung, die Kontrolle zu erlangen (das ist das Selbst).

Das Interessante? Sobald du alle E-Mails geöffnet hast und das Mysterium weg ist, verschwindet auch der Anreiz. Du kämpfst damit, mit dem E-Mail-Checken aufzuhören, solange noch eine variable Belohnung am Horizont auftaucht. Und wenn diese weg ist, verstauben die E-Mails einfach in deinem Posteingang. B. F. Skinner hat vor über 50 Jahren schon herausgefunden, dass variable Belohnungen eine mächtige Waffe sind, um Zwänge zu erzeugen. Heute schaffen Technologieunternehmen neue Gewohnheiten, indem sie dich kontinuierlich durch das Hooked-Modell schleusen – und variable Belohnungen sind das, was den ganzen Kram in Bewegung hält. Wenn du verstehst, was dich zum Handeln bringt, kannst du Produkte entwickeln, die perfekt auf das abgestimmt sind, was die Leute wirklich wollen, und du kannst dein eigenes technologiegetriebenes Verhalten besser unter Kontrolle halten.